50 Jahre Markt Jettingen-Scheppach - Eine Ehe, die bereits ein halbes Jahrhundert hält

Am Samstag, den 1.2.2020 wurde das 50-Jährige Bestehen des Marktes Jettingen-Scheppach gefeiert. Ein Festakt mit Emotionen und Erinnerungen.

Mit einer feierlichen Veranstaltung in der Turn- und Festhalle erinnerte der Markt Jettingen-Scheppach an das 50-jährige Jubiläum des freiwilligen Gemeindezusammenschlusses des Marktes Jettingen und der Gemeinde Scheppach zum 1. Januar 1970. 

„50 Jahre Markt Jettingen-Scheppach – hier lebt Zukunft“, so stand es auf dem Banner über der Bühne in der Jettinger Turn- und Festhalle. 

Im privaten Leben habe es schon viele Zweckehen gegeben, die dann dauerhaft gehalten hätten und glücklich geworden seien. Eine ähnliche sei die Hochzeit von Jettingen und Scheppach gewesen – eine freiwillige und nicht eine von oben angeordnete, betonte Jettingen-Scheppachs Bürgermeister Hans Reichhart. Der Zusammenschluss erfolgte damals vor der Gemeindegebietsreform in Bayern. Grundgedanke war, eine starke, leistungsfähige und bürgernahe Verwaltung aufzubauen.  Dieses Ziel hatte seinerzeit schon der damalige Innenminister Dr. Bruno Merk verfolgt – nur Kommunen mit einer vernünftigen Größe könnten in der Zukunft bestehen und entsprechende Infrastruktur und Dienstleistung bieten.

Etwas holperig hatte die Heirat allerdings doch begonnen: Reichhart blickte zurück auf die damals aufgewühlte Atmosphäre in den Monaten vor dem 1. Januar und anschließend bis zur Wahl des Marktrats am 15. März 1970. Flugblätter und Plakate hätten die Stimmung zusätzlich aufgeheizt, sogar die drei Pfarrer beider Konfessionen seien zu Versammlungen gekommen und hätten beschwichtigen müssen. Voraus gegangen seien Abstimmungen in den Räten Jettingens und Scheppachs sowie eine Volksabstimmung mit recht unterschiedlichem Ausgang. In der Günzburger Zeitung sei sogar von massiven Störmanövern und einem wahren Krieg der Flugblatt-Produzenten die Rede gewesen. Reichhart erinnerte an die beiden damaligen Bürgermeister Ernst Walz (Jettingen) und Heinrich März (Scheppach): Beide hätten nicht bis zum offiziellen Beginn der Gemeindegebietsreform gewartet, sondern innerhalb von nur sechs Monaten mit Weitblick alles für einen freiwilligen Zusammenschluss in die Wege geleitet.

Staatsminister Dr. Hans Reichhart bezog sich in seiner Festrede auf den nun vollzogenen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. In Jettingen dagegen werde nun genau das Gegenteil gefeiert. Beides, sowohl der Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Währungsgemeinschaft im Jahr 1973, wie auch der Zusammenschluss Jettingens und Scheppachs drei Jahre zuvor, habe gleich begonnen: Es sei keine Liebesheirat gewesen, doch habe in beiden Fällen alles für einen Zusammenschluss gesprochen. Die Verantwortlichen hätten den Mut bewiesen, für ihre Überzeugung einzutreten und das aus ihrer Sicht Richtige zu tun. Dr. Bruno Merk habe Recht gehabt: Mehr als 7000 Einwohner, mehr als 3000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätz, keine Jugendarbeitslosigkeit und über 300 Kinder in den Betreuungseinrichtungen sprächen heute dafür, dass in den vergangenen Jahrzenten die richtigen Weichenstellungen erfolgt seien. „In Jettingen und in Scheppach wurde nicht nur verwaltet, es wurde gestaltet“, betonte Reichhart. Die Persönlichkeiten von damals seien Vorreiter gewesen und hätten nicht mit dem Zusammenschluss gewartet, bis die große Politik sie dazu gezwungen hätte.   

Mit dem Zusammenbringen zweier eigenständigen Gemeinden habe Dr. Bruno Merk Ernst Walz und Heinrich März zu einem zum damaligen Zeitpunkt genialen Konstrukt gewinnen können, bevor es überhaupt Verwaltungsgemeinschaften gegeben habe, betonte Landtagsabgeordneter Alfred Sauter Das damals überschaubare Jettingen-Scheppach habe sich heute zu einem Landkreisgiganten entwickelt. Landrat Hubert Hafner gratulierte ebenfalls: Jettingen und Scheppach dürften stolz auf ihre „Goldene Hochzeit“ und auf das 50-jährigen Bestehen der Marktgemeinde Jettingen-Scheppach sein. Dennoch habe jeder Ort seinen eigenen Charakter bewahrt.

Beim Festakt waren auch Ute Conrad, geborene Walz, Horst Walz und Reinhold März anwesend, Kinder der beiden damaligen Bürgermeister. Ebenfalls gekommen war Walter Schmid, damals Mitglied des Marktgemeinderats. Sie trugen sich zusammen mit in das Goldene Buch der Marktgemeinde Jettingen-Scheppach ein. 

Jettingen-Scheppachs Bürgermeister Hans Reichhart hatte zuvor noch ein Stück weiter in die Vergangenheit von Jettingen und Scheppach geblickt: Zwischen den beiden Orten verlief, dadurch, dass Jettingen zum schwäbischen und Scheppach zum österreichischen Reichskreis gehörte, eine Grenze, wo sich ein Zollhaus befand. In einem Dokument aus dem Jahr 1775 ist sogar von einem „Schrankengeld gegen Jettingen“ die Rede. Heute hat sich das Miteinander bewährt: Unter den Sportvereinen werden im Jugendbereich Spielergemeinschaften gebildet, bei den Feuerwehren gibt es gemeinschaftliche Übungen und Einsätze. Schon vor 25 Jahren gründeten die drei Musikkapellen gemeinsam mit dem Markt das heutige Musikzentrum Mindeltal. Den Festakt am Samstag begleiteten Musikerinnen und Musiker der Kapellen aus Jettingen, Scheppach und Freihalden unter der Leitung von Christian Weng – mit dem Bozner Bergsteiger-Marsch, dem Schwabenhymnus und der Bayernhymne wurden Emotionen geweckt.

Eines allerdings gibt es nicht, auch daran erinnerte Reichhart: Eine Jettinger Straße in Scheppach und auch keine Scheppacher Straße in Jettingen.

Umso mehr betonte Jettingen-Scheppachs Bürgermeister: „Wir haben das übertroffen, was sich die Menschen damals erhofft haben: Emotional in den Ortschaften verwurzelt zu bleiben und im Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich ein hohes Maß an Qualität und Zufriedenheit zu schaffen und weiter gab er die Losung aus: „Unsere Ortsteile müssen hell leuchten, damit Jettingen-Scheppach strahlt.“